Kommt das perfekte Schnitzel aus dem Labor?

Fleischgenuss ohne Reue Labor SchnitzelErinnert sich noch jemand an Dolly, das erste geklonte Schaf der Welt? Dolly war 1993 wahrscheinlich die Vorläuferin des ersten „Kunstfleischs“ der Welt. Heute, knapp 20 Jahre später steht die In-Vitro-Fleischforschung kurz vor ihrem Durchbruch. In den Biolaboren der Welt wird gemendelt, was die Zellen hergeben.


Läuft es mit der Laborzüchtung von Kunstfleisch erfolgreich weiter, könnte der Berufszweig der Metzger schon bald eine aussterbende Spezies sein. Dann könnten auch Vegetarier Fleisch essen, weil kein Lebewesen für Fleisch aus der Petrischale leiden oder sterben muss.

Die Kunstfleisch-Herstellung kann man sich im Groben so vorstellen. Eine zuvor extrahierte Muskelzelle eines Tieres wird in einer perfekt temperierten Nährstofflösung angesetzt und so lange mit weiteren Nährstoffen gefüttert, bis sich die Zellen und neues Muskelgewebe entstanden ist. Damit dieses Gewebe auch eine ähnlich feste Konsistenz wie Muskelfleisch hat und nicht nur einfach Zellgeglibber ist, wird es ständig leicht geschüttelt und damit „trainiert“ – ähnlich wie beim Fitnessgerät Powerplate. In Europa ist die technische Universität im niederländischen Eindhoven bei dieser Art von Gewebezucht führend, im Rest der Welt gilt der Biochemiker Vladimir Mironov als Vordenker der menschlichen und tierischen Kunstfleisch-Herstellung. Seine Forschungen wurden zeitweise sogar von der Tierschutzorganisation PETA finanziell unterstützt.
  Tierisch gut oder menschlicher Größenwahn?
Die Massentierhaltung, die Tiertransporte, das Schlachten, die Verwertung und Abfallentsorgung der Tierknochen und anderer nicht-essbarer Teile – all dies würde mit Kunstfleisch komplett entfallen. Der weltweit steigende Appetit auf Fleisch, der Hunger und Mangel in den Entwicklungsländern - alles gelöste Probleme. Man bräuchte nur noch die gewünschten Fleischstücke „ansetzen“ – vielleicht sogar im eigenen Küchenlab …


Ein typischer Einkauf würde dann so ähnlich ablaufen wie heute eine Coffee-to-go-Bestellung: Welche Geschmacksrichtung soll es denn sein: Rind, Schwein, Pute, Lamm? Basisgewürzt, scharf oder natur? Heute ist Brustfilet-Konsistenz mit zartem Biss im Angebot. Darf’s noch ein bisschen mehr vom guten Designerfleisch sein?

Für die einen ist es die Vision einer besseren Welt, für die anderen der schiere Alptraum: Frankenstein-Food. Wie das literarische Vorbild aus dem Jahr 1818 von Mary Shelley mit Dr. Jekyll und Mr Hyde, soll vor einer entgrenzten menschlichen Vernunft gewarnt werden, die sich selbst zum gottähnlichen Schöpfer erhebt und anmaßt, lebendige Materie zu schaffen. Der Begriff „Frankenstein-Food“ kursiert seit Ende der 90er Jahre als Sammelbecken für so genanntes „GM-Food“. Das GM steht hier jedoch nicht für General Motors, sondern für „genetically modified“: genetisch modifiziert, verändert, geklont. Dahinter steckt genmanipulierte Nahrung, die seit geraumer Zeit von Biotech-Firmen entwickelt wird. Das neue In-Vitro-Kunstfleisch bildet jetzt die weiteste Entwicklungsstufe dieser Forschung. Bei Stufe Eins mit Dolly und transgenen Tieren wurden noch ganze Tiere gezüchtet, in Stufe Zwei ist dies schon nicht mehr nötig.
Quelle: Utopia.com

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